Rechtsgrundlagen der Ergonomie arbeits-und-brandschutz.de

Oftmals stellt sich die Frage nach der Rechtsgrundlage für die Ergonomie am Arbeitsplatz. Dabei ist klar, dass die Arbeitsplätze an die Mitarbeiter angepasst werden müssen. Ein klassisches Ergonomiegesetz gibt es nicht.

Ähnlich dem Präventionsgesetz, welches eine Zusammenfassung wichtiger Teile andere Verordnungen sind, lebt auch die Ergonomie von bedeutenden Vorgaben, die sich versteckt in übergeordneten Regelwerken wiederfinden. Als fundamentale Vorgaben, sind die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) und die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) zu nennen.

Im zentralen Arbeitsschutzgesetz wird verlangt, dass die Arbeitsplätze durch den Arbeitgeber individuell betrachtet werden müssen. Dabei müssen die Gefährdungen ermittelt werden, die es dann zu beseitigen gilt.

Gefährdungen liegen immer dann vor, wenn die Gesundheit der Beschäftigten mehr oder weniger schnell einen Schaden nehmen kann. Dabei entstehen überwiegend langfristige Schäden, welche zum Beispiel als Muskel-Skeletterkrankungen ausgeprägt. Diese resultieren u. a. aus einer ergonomisch unzureichenden Gestaltung der Arbeitsplätze.

Deswegen enthält die Arbeitsstättenverordnung die Kernbotschaft, dass die Beschäftigten durch die Arbeit keinen gesundheitlichen Schaden nehmen dürfen. In der Regel wird das durch die Verhältnisergonomie und die Verhaltensergonomie erreicht.

Die Arbeitsstättenverordnung als bindende Rechtsgrundlage für die Ergonomie

Die Arbeitsstättenverordnung bezieht sich auf die physische und die seelische Gesundheit. In dem Zusammenhang taucht der zentrale Begriff der Gefährdungsbeurteilung in § 3 der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) auf:

§3 Gefährdungsbeurteilung

Bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 5 des Arbeitsschutzgesetzes hat der Arbeitgeber zunächst festzustellen, ob die Beschäftigten Gefährdungen beim Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein können. Ist dies der Fall, hat er alle möglichen Gefährdungen der Sicherheit und der Gesundheit der Beschäftigten zu beurteilen und dabei die Auswirkungen der Arbeitsorganisation und der Arbeitsabläufe in der Arbeitsstätte zu berücksichtigen. Bei der Gefährdungsbeurteilung hat er die physischen und psychischen Belastungen sowie bei Bildschirmarbeitsplätzen insbesondere die Belastungen der Augen oder die Gefährdung des Sehvermögens der Beschäftigten zu berücksichtigen. Entsprechend dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung hat der Arbeitgeber Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten gemäß den Vorschriften dieser Verordnung einschließlich ihres Anhangs nach dem Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene festzulegen. Sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse sind zu berücksichtigen.

Von besonderer Bedeutung ist die Tatsache, dass nicht nur die strikte Einhaltung der Verordnungstexte zu fordern ist. Auch die folgenden Aspekte sind indirekt als Rechtsgrundlage für die Ergonomie einzubeziehen:

  • Stand der Technik
  • Arbeitsmedizin
  • Hygiene und
  • Gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse.

Dieser Umstand wird u. a. durch das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) bestärkt. Für das Lesen und Umsetzen der Gesetzestexte ist eine Führungskraft in aller Regel ausreichend. Die weiteren Akteure des Arbeits- und Gesundheitsschutzes sind die Fachkräfte, die sich mit der Anwendung der arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse beschäftigen und dazu Beratungen durchführen. Deswegen werden die Arbeitsplätze individuell durch Betriebsärzte oder Fachkräfte für Arbeitssicherheit bewertet und Lösungsvorschläge unterbreitet.

Ergonomie in der Arbeitsstättenverordnung

Ein Ergonomiegesetz gibt es nicht. Das liegt daran, dass die Gestaltung der Arbeitsplätze ohnehin so sein muss, dass kurzfristige und langfristige Schäden gar nicht erst entstehen. Angesichts dessen ist die erste verbindliche Regel: der gesunde Menschenverstand.

Daraus lässt sich die Anforderung nach der ausreichend großen Bewegungsfläche ableiten. Unabhängig davon sind in den meisten Vorschriften des Arbeitsschutzes Vorgaben enthalten, die in unmittelbaren Zusammenhang mit der Ergonomie stehen. Das übergeordnete gesetzliche Regelwerk ist die bereits genannte Arbeitsstättenverordnung.

In deren Anhang „Anforderungen und Maßnahmen für Arbeitsstätten nach§ 3 Absatz 1“ sind die Vorgaben aufgeführt, die sich tatsächlich in erster Linie am Verstand und der Alltagserfahrung orientieren, denn konkrete Zahlen finden wir dort nicht. Für die ergonomische Einrichtung der Arbeitsplätze sind u. a. die folgenden Abschnitte des Anhangs der ArbStättV von Bedeutung:

  • 1.2 Abmessungen von Räumen, Luftraum
  • 3.4 Beleuchtung und Sichtverbindung
  • 6 Maßnahmen zur Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen
  • 6.1 Allgemeine Anforderungen an Bildschirmarbeitsplätzen
  • 6.2 Allgemeine Anforderungen an Bildschirme und Bildschirmgeräte
  • 6.3 Anforderungen an Bildschirmgeräte und Arbeitsmittel für die ortsgebundene Verwendung an Arbeitsplätzen
  • 6.4 Anforderungen an tragbare Bildschirmgeräte für die ortsveränderliche Verwendung an Arbeitsplätzen
  • 6.5 Anforderungen an die Benutzerfreundlichkeit von Bildschirmarbeitsplätzen

Rechtsgrundlage für die Ergonomie in der Betriebssicherheitsverordnung

Ein zentrales Element der Arbeitssicherheit ist die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) „Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Verwendung von Arbeitsmitteln“. Darin ist der sichere Umgang mit Arbeitsmitteln geregelt. Sicher bedeutet in dem Fall, dass die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Arbeitsunfalls reduziert wird. Gleiches ergibt sich für die langfristigen Erkrankungen, deren Vermeidung im Hauptfokus der Arbeitsplatzergonomie liegt.

Aus diesem Grund muss der Arbeitgeber alle Gefährdungen am Arbeitsplatz ermitteln. Durch die Betriebssicherheitsverordnung ist die Betrachtung von Gebrauchstauglichkeit und sicherheitsrelevanter Zusammenhänge explizit mit der ergonomischen Gestaltung in Relation zu bringen. In § 3, Abschnitt 2 BetrSichV „Gefährdungsbeurteilung“ heißt es:

„(2) In die Beurteilung sind alle Gefährdungen einzubeziehen, die bei der Verwendung von Arbeitsmitteln ausgehen, und zwar vonden Arbeitsmitteln selbst,

  1. der Arbeitsumgebung und
  2. den Arbeitsgegenständen, an denen Tätigkeiten mit Arbeitsmitteln durchgeführt werden.

Bei der Gefährdungsbeurteilung ist insbesondere Folgendes zu berücksichtigen:

  1. die Gebrauchstauglichkeit von Arbeitsmitteln einschließlich der ergonomischen, alters- und alternsgerechten Gestaltung,
  2. die sicherheitsrelevanten einschließlich der ergonomischen Zusammenhänge zwischen Arbeitsplatz, Arbeitsmittel, Arbeitsverfahren, Arbeitsorganisation, Arbeitsablauf, Arbeitszeit und Arbeitsaufgabe,
  3. die physischen und psychischen Belastungen der Beschäftigten, die bei der Verwendung von Arbeitsmitteln auftreten,
  4. vorhersehbare Betriebsstörungen und die Gefährdung bei Maßnahmen zu deren Beseitigung.“

Die Gebrauchstauglichkeit erklärt sich von selbst. Ein Arbeitsmittel muss eben verwendbar sein. Dabei sind unter anderem die Anforderungen an Körperhaltung, Erkennbarkeit und aufzuwendender Kraftaufwand wichtig. Andernfalls kann dies dazu führen, dass ein Arbeitsmittel nicht als solches benutzt wird und bequemere, aber auch gefährlichere Alternativen gesucht werden. Das sind meist solche Dinge, die für die eigentliche Aufgabe nicht gedacht sind.

Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Behindertengleichstellungsgesetz – BGG)

Der Begriff „Barrierefreiheit“ sagt schon alles aus. Die Arbeit muss erledigt werden können, ohne dafür große Barrieren überwinden zu müssen. Einfach erklärt: Der Fußweg zum Arbeitsplatz muss passierbar sein. Er muss im Winter von Schnee und Eis befreit sein, Höhenunterschiede müssen auf normalen Wegen, also bspw. mit einer Treppe zu überwinden sein.

Bildlich gesprochen soll kein Mitarbeiter mit Schwung und Anlauf eine Mauer überspringen. Der Begriff der Barrierefreiheit im Sinne des Behindertengleichstellungsgesetz – BGG geht weit darüber hinaus. Dieser besagt, dass eine übermäßige Anstrengung für alle Mitarbeiter ausgeschlossen werden muss. Dies ist für alle Individualitäten sicherzustellen.

So stellt eine Treppe für gehbehinderte Menschen eine Barriere dar. Rollstuhlfahrer sollen deshalb eine geneigte Ebene, oder einen Lift nutzen können.

Der Gesetzgeber definiert „barrierefrei“ deshalb in § 4 des BGG wie folgt:

§ 4 „Barrierefreiheit

BGGBarrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Hierbei ist die Nutzung behinderungsbedingt notwendiger Hilfsmittel zulässig.“

DIN-Normen und Informationen und Stand der Technik

Die DIN-Normen sind ein gesetzter Standard der Industrie. Dabei geht es um die grundlegende Gestaltung von Arbeitsmitteln. Zwar sind DIN-Normen von der Industrie geschaffen, allerdings als Stand der Technik auch als Rechtsgrundlage für die Ergonomie einzustufen. Maße und andere Daten in Bezug auf die Büromöbel, werden in den folgenden Normen einheitlich festgelegt:

  • DIN EN 527-1 Büromöbel – Büro-Arbeitstische – Teil 1 Maße; Deutsche Fassung EN 527-1:2011
  • DIN EN 1023-1 Büromöbel – Raumgliederungselemente – Teil 1 Maße; Deutsche Fassung EN 1023-1:1996
  • DIN EN 14073-2:2004 Büromöbel – Büroschränke – Teil 2 Sicherheitstechnische Anforderungen; Deutsche Fassung

Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung gibt zahlreiche Hinweise und Informationen heraus. Unter anderem die DGUV Information 215–410 (ehern. BGI 650) „Bildschirm- und Büroarbeitsplätze – Leitfaden für die Gestaltung“.

Mit diesen Dokumenten werden den Nutzern Hinweise und Idee mit an die Hand gegeben, bei deren Umsetzung davon auszugehen ist, dass keine gesundheitlichen Probleme zu erwarten sind.