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Ob Arbeitnehmer im Homeoffice gesetzlich unfallversichert sind oder nicht, ist oft eine Frage die mit Unsicherheit verbunden ist. Grundsätzlich sind alle Beschäftigten versichert, während sie ihrer Arbeit nachgehen. Wenn Mitarbeiter zu Hause arbeiten und damit für den Arbeitgeber eine Tätigkeit durchführen, sind sie auch im Homeoffice gesetzlich unfallversichert. Die Schwierigkeit besteht nur darin, herauszufinden, was in den eigenen vier Wänden zum Unfall geführt hat. Denn die Beurteilung ist oft kompliziert.
Im Übrigen muss ein Arbeitgeber auch eine Gefährdungsbeurteilung für das Homeoffice erstellen und dafür sorgen, dass die grundlegende Ergonomie berücksichtigt wird. (Die Ausstattung ergibt sich ja aus der Gefährdungsbeurteilung). Allerdings gibt es dabei in der Praxis noch offene Fragen.
Im Folgenden werden ein paar Beispiele zusammengetragen, bei denen die Rechtsprechung eindeutige Urteile gefällt hat. Nachzulesen ist das in: BGHM-Aktuell 6/2019.
Urteil 1: Nicht versichert auf dem Weg in die Küche
Wenn Beschäftigte auf dem Weg zur Kantine sind, die sich innerhalb der Betriebsstätte befindet, gilt der Versicherungsschutz für den Weg zum Essen. Das Essen selbst, also am Tisch zu sitzen und Nahrung aufnehmen, ist nicht mehr versichert. Denn die Nahrungsaufnahme ist ein menschliches Grundbedürfnis, welches der körperlichen Erhaltung dient (klingt gut, oder :-))
Der Weg zur Kantine auf der Betriebsstätte ist nur deswegen versichert, weil am Arbeitsplatz besondere Gefährdungen vorhanden sein können, die es in der Form zu Hause nicht gibt. Als eine Frau im Homeoffice auf dem Weg in die Küche stürzt, liegt diese besondere Umgebung nicht vor. Deswegen handelte es sich auch nicht um einen Arbeitsunfall.
Nachzulesen in BSG 05.07.2016 B 2 u 5/15 R
Urteil 2: Eine Friseurmeisterin auf dem Weg zur Waschmaschine
Eine selbstständige Friseurmeistern hat ihren Salon im gleichen Haus wie die Wohnung. Die Waschmaschine wurde speziell für das Waschen der Salonwäsche angeschafft. Als die Frau im Wohnhaus stürzt, befand sie sich auf dem Weg zur Waschmaschine. Weil sie dort die Wäsche für den Salon wäscht, handelt sie im Sinne des Unternehmens. Demnach liegt ein Arbeitsunfall vor und die Frau ist im Homeoffice gesetzlich unfallversichert.
Nachzulesen in: BSG 31.08.2017 – B 2 u 9/16R.
Urteil 3: Von der Wohnung zum Büro in den Keller
Als eine versicherte Frau auf dem Weg von der Wohnung in den Keller stürzt, stellte sich wieder die Frage, ob dieser Arbeitsunfall im Homeoffice gesetzlich unfallversichert ist. Da sich das Büro der Dame im Keller befindet, in der sie für ein Unternehmen im Homeoffice arbeitet, gilt der Weg dorthin als Arbeitsweg. Vom Büro aus wollte Sie ein vorher vereinbartes, dienstliches Telefonat führen. Deswegen liegt laut Gericht ein Arbeitsunfall vor.
Nachzulesen in: BSG 27.11.2018 – B 2 U 28/17 R
Im Homeoffice gesetzlich unfallversichert – Unfall auf dem Weg vom Kindergarten nach Hause
Etwas interessanter ist das folgende Urteil:
Betroffen ist eine junge Mutter, welche im Homeoffice tätig ist und Ihr Kind vor Beginn der Tätigkeit in den Kindergarten brachte. Auf dem Rückweg zum Homeoffice stürzte sie unterwegs. Nach Aussage des Sozialgerichtes war das kein Arbeitsunfall. Das ist wohl deswegen nicht der Fall, weil die Mutter nicht auf dem Weg zur Arbeitsstätte im eigentlichen Sinne war. Das Homeoffice zählt eben nicht zur klassischen Betriebsstätte. Deswegen war die junge Mutter zwar auf dem Weg zur Arbeit, aber nicht zur Arbeitsstätte und es war damit kein Arbeitsunfall.
Der Weg zum Homeoffice gesetzlich unfallversichert – Warum hier nicht?
Das Besondere an dieser Konstellation ist wohl die Vorgabe zum „Arbeitsunfall“ in § 8 Abs. 2:
(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.
(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch
- das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
- das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
- Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen …
Prinzipiell gilt, dass ein Arbeitsunfall auch dann vorliegt, wenn die Versicherte auf dem direkten Weg von der Wohnung zur Arbeitsstätte einen Unfall erleiden. Dies nennt man dann Wegeunfall. Der direkte Weg ist das entscheidende Kriterium. Wer Kinder in eine fremde Obhut geben muss, der darf diese auf dem Arbeitsweg (von zu Hause zum Arbeitsplatz) dort vorbeibringen und dafür einen unvermeidbaren Umweg in Kauf nehmen. Aber auch dabei gilt, dass der direkte Weg von zu Hause zum Kindergarten und von dort ein direkter Weg zur Arbeitsstätte erfolgen muss. Das Doofe an dem Fall vom Homeoffice zum Kindergarten und zurück zum Homeoffice ist, dass es keine Arbeitsstätte in dem Sinne gibt. Denn was eine Arbeitsstätte ist, ist in der Arbeitsstättenverordnung klar definiert.
Vom Grundverständnis ist die Sache klar, es handelt sich um eine Tätigkeit im Rahmen des Arbeitsverhältnisses. Nur die Definition der Arbeitsstätte, im Sinne der Arbeitsstättenverordnung, ist hier ein wenig schwierig.